Haus Holtermann

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Haus Holtermann
51.762917.88879
Haus Holtermann 1.jpg
Denkmal.svg
Anschrift Markt 12 (Wohnhaus)
Markt 10 (Geschäftshaus)
Baujahr 1906
Architekt Hubert Holtmann
Heutige Nutzung Leerstand


Das Haus Holtermann ist ein denkmalgeschütztes Gebäude am Markt in Ahlen.

Bereits 1850 kaufte Carl Ludwig Holtermann das Gebäude Markt Nr. 392 vom Brennereibesitzer Anton Avermiddig. Dessen ehemaliges Wohnhaus wurde zum Gechäftshaus umgebaut. Das zugehörige Hinterhaus und die Scheune an der Weststraße wurden als Lager- und Abstellräume genutzt. Zu jener Zeit wurden Gemischt-, Manufaktur-, Eisen- und Kolonialwaren hier gehandelt. Zu dem Angebot zählten auch Heilmittel und künstlicher Dünger. Ebenfalls war hier ein Schankwirtschaft untergebracht, da Holtermann auch im Besitz einer Schankkonzession war.

1884 erweiterte Holtermann die Manufakturabteilung beträchtlich. Für diese Abteilung wurde eigens ein eigener Eingang gebaut. Nach einem weiteren Umbau 1893 übertrug Carl Ludwig die Führung des Geschäftshauses an seinen ältesten Sohn, Carl Maria Franz Albert Holtermann.

Der Architekt Hubert Holtmann plante das, heute erhaltene, Gebäude im Jugendstil, die Bauarbeiten, im Jahre 1906, übernahm Wilhelm Krämer.

Es wurde am Ort des alten Oevermannschen Hauses errichtet, an dem Albert Matthias Holtermann zu Beginn des 19. Jahrhunderts einen Kolonialwarenladen gründete, in welchem er Lebensmittel, Gewürze und allerlei Haushaltswaren und sogar Heilmittel anbot. Holtermann besaß auch eine Schankkonzession.

Beide Gebäudehälften wurden in getrennten Versteigerungen zwangsversteigert, zuerst das Wohnhaus, im März 2015 das Geschäftshaus. Höchstbietender war Stefan Arztberg, ein Münchner mit Ahlener Wurzeln. Planungen für eine Nachnutzung gibt es noch nicht.

Kaufmann wagte 1816 Neuanfang in Ahlen

[1]Auf eine über 200-jährige Beziehung der „Holtermänner“, einer angesehenen und im Münsterland weit verbreiteten Familie, kann die Wersestadt inzwischen blicken. Albert Matthias Holtermann war es, der diesen Weg kurz nach seiner Hochzeit mit Anna Maria Wennemann aus Warendorf ebnete. Im Jahr 1816 eröffnete das Paar einen Kolonialwarenladen an der Nordostecke des Ahlener Marktplatzes. Albert Matthias Holtermann entstammte dem münsterischen Zweig seiner Familie, die vornehmlich im Kaufmannsmetier tätig war. Er hatte seine Lehrzeit in Amsterdam durch den plötzlichen Tod seines Vaters am 30. November 1808 beenden müssen, um in jungen Jahren die Leitung der Sämereienhandlung in Münster zu übernehmen. In die holländische Handelsstadt hatten ihn die Vettern seiner Mutter Anna Alexandrina Antonette, geborene Vering, Tochter des Chirurgen Ludwig Vering, vermittelt.

Wie der frühere ehrenamtliche Denkmalpfleger Ludger Schulte im November 1966 anlässlich des 150-jährigen Bestehens der Firma Holtermann in Ahlen recherchierte, sei das Geschäft in Münster jedoch recht bald nicht mehr lukrativ gewesen. „Seine Jugend, Unerfahrenheit und die turbulente napoleonische Epoche sowie der wirtschaftliche Tiefstand in Deutschland nach den Freiheitskriegen werden dies verursacht haben“, schreibt der Chronist. Vor allem habe er neben dem Laden noch ein Speditionsgeschäft geführt „mit zu vielen Pferden“, die ihn sinnbildlich „auffraßen“.

Und so wagte Holtermann in Ahlen einen privaten wie geschäftlichen Neuanfang. Sein Kramladen war auch mit einer Schankkonzession verbunden, wie aus alten Rechnungen und Journalen über das vielfältige Warenangebot hervorgeht. Es zeugt von gesundem Geschäftssinn, kaufmännischem Weitblick und unternehmerischem Mut des Albert Matthias Holtermann und seines Sohnes Carl Franz Ludwig sowie des Enkels Carl Maria Franz Albert Holtermann, dass sich das Geschäft aus bescheidenen Anfängen im Laufe weniger Jahrzehnte über verschiedene Stufen in der Einzelhandelsbranche zu einem der führenden Textilhäuser im Raum Ahlen entwickelte.

Das vorhandene Quellenmaterial, das Ludger Schulte zur Verfügung stand, belegt, wie der ursprüngliche Kramladen samt Schankwirtschaft schon nach kurzer Zeit ins Haus Wüller, jetzt Markt 3 (heute Gaststätte „Meat & Greet“), verlegt wurde. Der Besitz wurde später Eigentum von Franz Holtermann (geboren am 8. Mai 1822 in Ahlen), dem dritten Sohn von Albert Matthias Holtermann. Er gründete zudem noch einen Holzhandel. Das Geschäft führte sein Schwiegersohn Heinrich Wüller, genannt Cubick, aus Halene fort.

Der Eisenbahnbau 1846/47 und die Phasen der Industrialisierung der einstigen Ackerbürgerstadt brachten eine Menge Geld nach Ahlen. Viel davon floss in die Gaststätten, aber auch die Kramläden profitierten von der neuen Wirtschaftskraft. Schon im Jahr 1850 kaufte Carl Holtermann das linke Nachbaranwesen zu seinem Geschäft vom Brennereibesitzer Anton Avermiddig. Das dazugehörige Hinterhaus und die Scheune an der Weststraße wurden als Lager genutzt. 1884 vergrößerte Holtermann die Manufaktur-Abteilung wesentlich. Dafür wurde sogar ein eigener Eingang geschaffen. Die neue Front des Hauses zeigte sich nun mit zwei Türen, jeweils flankiert von zwei Schaufenstern. Im Jahr 1898 wagte die Kaufmannsfamilie den entscheidenden Schritt vom vielseitigen Kramladen zum reinen Fachgeschäft.

Carl Ludwig Holtermann hatte seinem ältesten Sohn Carl Maria Franz Albert (geboren am 20. August 1864) die Nachfolge übertragen. Der aufgeschlossene, unternehmungsmutige Inhaber war schon 1883 in das elterliche Kaufhaus eingetreten, nachdem er in Mayen seine Lehrjahre und in der Textilhochburg Elberfeld seine Volontärszeit erfolgreich abgeschlossen hatte. Nicht zuletzt die Abteufung der Zeche Westfalen und die zunehmende Spezialisierung im wirtschaftlichen Umfeld führte letztlich zur Trennung der Sparten Manufaktur und Eisenwaren. Das machte sich auch baulich bemerkbar – durch weitere Um- und Ausbauten.

Nachdem an der Weststraße das alte Nebenhaus und die Scheune abgebrochen waren, erstellte der Ahlener Bauunternehmer Wilhelm Krämer dort einen Neubau, in das Carl Holtermanns Bruder Ferdinand sein Eisenwarengeschäft verlegte, das dort verblieb, bis die späteren Geschäftsinhaber Ewald und Ernst Holtermann die alte Mühle Hinteler an der Gerichtsstraße erwarben und dort ein eigenes Kaufhaus bauten (später Eisenbarth).

Und auch am Markt gab es Veränderungen, die bis heute sichtbar sind: Ab 1905 ließ Carl Holtermann dort nach dem Abriss des Overmannschen Hauses einen Neubau mit privatem Wohn- und Wirtschaftsbereich errichten. Als dieses Werk vollendet war, konnte 1907 auch das bisherige Geschäftshaus im selben Jugendstil erneuert werden – alles konzipiert vom münsterischen Architekten Hubert Holtmann, der auch 1905/06 für den Bau des Ahlener Rathauses verantwortlich zeichnete. Der Gesamtkomplex blieb in seiner Form und Struktur bis heute nahezu unverändert, wartet jedoch seit Jahren auf eine sinnvolle neue Nutzung.

Bilder

Quellen

  1. Text von Christian Wolff