Notgeld
Notgeld in Ahlen während und nach dem Ersten Weltkrieg
Hintergrund und Entstehung
Während des Ersten Weltkriegs (1914–1918) und der darauf folgenden Inflationsperiode kam es in Deutschland zu einer massiven Verknappung von Zahlungsmitteln. Aufgrund der wirtschaftlichen Notlage und der Materialengpässe sahen sich Städte und Gemeinden gezwungen, sogenanntes Notgeld auszugeben, um den Zahlungsverkehr aufrechtzuerhalten.
Auch die Stadt Ahlen blieb von diesen Entwicklungen nicht verschont. Bereits am 3. Mai 1917 beschloss der Magistrat der Stadt Ahlen, für 5.000 Mark 10-Pfennig-Stücke und für 10.000 Mark 50-Pfennig-Stücke prägen zu lassen. Diese Münzen wurden bei der Firma Heinrich Kissing in Menden in Auftrag gegeben. Die Kosten für diese Maßnahme beliefen sich auf 1.152,50 Mark, wobei der Gegenwert des Notgeldes abzüglich der Kosten auf ein Sparkonto bei der Stadtsparkasse Ahlen eingezahlt wurde. Ende 1917 wurde das staatliche Nickelgeld eingezogen, was die Notwendigkeit zur Ausgabe von weiterem Notgeld erhöhte.
Weitere Ausgaben von Notgeld
Im Januar 1918 wurde eine weitere Prägung von 30.000 10-Pfennig-Stücken beschlossen. Aufgrund von Materialmangel konnte die Firma Heinrich Kissing die Münzen jedoch nicht rechtzeitig liefern, weshalb ein anderes Metall gewählt werden musste.
Am 4. November 1918 beschloss der Magistrat, für insgesamt 400.000 Mark Papiergeld drucken zu lassen, darunter 20-Mark-, 10-Mark- und 5-Mark-Scheine. Diese Scheine wurden am 10. Oktober 1918 ausgegeben und behielten ihre Gültigkeit bis zum 1. Februar 1919.
Im Februar 1919 wurde die Ausgabe von weiteren 10-Pfennig- und 50-Pfennig-Stücken beschlossen. Am 26. September 1919 erfolgte schließlich die letzte Bestellung von 10-Pfennig- und 50-Pfennig-Münzen. Die Inflation schritt jedoch weiter voran, was die Ausgabe von immer größeren Geldbeträgen erforderte.
Die Inflationszeit und das Notgeld von 1923
Die Hyperinflation im Jahr 1923 erreichte ihren Höhepunkt, und die Stadt Ahlen musste drastische Maßnahmen ergreifen, um der Geldentwertung zu begegnen. Am 30. August 1923 beschloss der Magistrat, für 500 Milliarden Mark Notgeld in Form von Ein-Millionen-, Fünf-Millionen- und Zehn-Millionen-Scheinen drucken zu lassen. Der Druck dieser Scheine wurde von der Ahlener Druckerei Emil Schultz durchgeführt. Die Umlauffrist dieser Scheine war bis zum 31. Oktober 1923 festgelegt.
Am 23. Oktober 1923 entschied der Magistrat erneut, Notgeld auszugeben, diesmal in den Werten von Fünf-, Zehn-, Zwanzig- und Fünfzig-Milliarden-Scheinen. Aufgrund der rasanten Inflation wurden die Werte der Scheine oft während des Drucks angepasst. Es wurden Scheine mit Werten von bis zu einer Billion Mark ausgegeben.
Verwendung der Erlöse aus dem Notgeld
Eine Notiz vom 16. Oktober 1922 belegt, dass der Gewinn aus der früheren Herausgabe von Notgeld, insgesamt 62.700,33 Mark, für wohltätige Zwecke verwendet wurde. Trotz der immensen Schwierigkeiten der Inflationszeit trugen die Erlöse aus dem Notgeld zur Unterstützung der lokalen Wohlfahrt in Ahlen bei.
Historische Bedeutung
Das Ahlener Notgeld ist heute ein wertvolles Zeugnis der wirtschaftlichen Herausforderungen und der kreativen Lösungen, die Städte und Gemeinden während und nach dem Ersten Weltkrieg entwickelten. Es dokumentiert nicht nur die Notwendigkeit von improvisierten Zahlungsmitteln, sondern auch die wirtschaftliche und soziale Belastung, die die Hyperinflation auf die Bevölkerung ausübte.
Quellen
- Stadtarchiv Ahlen
- J. Goldstein, ehemaliger Stadtarchivar
Weblinks
- [Link zu weiteren Informationen über Notgeld in Deutschland]