Villa Herding & Mentrup

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Villa Herding & Mentrup
51.766337.89711
Anschrift Lütkeweg 20
Baujahr 1898
Architekt F. C. Schröder
Ursprüngliche Nutzung Wohnhaus


Die Villa Herding & Mentrup ist eine alte Fabrikantenvilla auf dem Lütkeweg in Ahlen.

Die Villa, in dem die Familie lebte, die 1894 einen der großen Ahlener Emaillierbetriebe, die Firma Herding & Mentrup, gegründet hatte sollte 2014 abgerissen werden, um einer Betreuungseinrichtung Platz zu machen. Durch Einsatz engagierter Bürger und schlussendlich durch den Kauf eines Unternehmers konnte der Abriss verhindert werden.

Der neue Eigentümer möchte die Villa von Grund auf nach den neuesten technischen Anforderungen sanieren und zudem unter Denkmalschutz stellen lassen.

In Abstimmung mit einer städtischen Denkmalpflegerin sollen einige Erdgeschossfenster, die in den 70er Jahren verändert oder zugemauert wurden, in ihren ursprünglichen Zustand versetzt werden. Zudem sollen alle Fenster dreifach verglast werden. Die Fassade soll repariert und gestrichen werden. Außerdem soll eine komplett neue Heizungsanlage eingebaut und alle Installationen in dem Haus erneuert werden. Auch der Garten der Villa soll komplett neu gestaltet werden.

Außerdem plant der neue Eigentümer im Jahr 2015 auf dem Nachbargrundstück in einem gewissen Abstand ein Sechsfamilienhaus bauen zu lassen.

Denkmalbegründung

[1] Die Villa Mentrup konnte nur mit Hilfe eines ambitionierten Ahlener Bürgers erhalten werden. Da das Gebäude insbesondere in den 1970er Jahren massiven baulichen Veränderungen unterzogen worden war, war hier der Denkmalwert zunächst in Frage gestellt. Der neue Eigentümer stellte jedoch selbst den Antrag auf Unterschutzstellung des Gebäudes als Denkmal, so dass die tatbestandlichen Voraussetzungen gem. § 2 DSchGNW für die Beurteilung als Denkmal trotz der o.g. Eingriffe zum Tragen kommen konnten.

Baugeschichte:

Das Wohnhaus am Lütkeweg 20 wurde 1898 für den Fabrikanten Heinrich Mentrup nach Plänen des Architekten F.C. Schröder durch das Baugeschäft H. Eustergerling errichtet. Heinrich Mentrup war Mitinhaber der auf der anderen Straßenseite befindlichen Stanz- und Emaillierwerke Herding & Mentrup. Die Emailleindustrie war in Ahlen als Teil der ersten Industrialisierungsphase ein Baustein des rasanten Wachstums der Stadt um das 20. Jahrhundert herum und ist heute noch ein prägender Wirtschaftsfaktor in der Stadt.

Im heutigen Stadtbild sind nur noch wenige repräsentative Wohnhäuser dieser Bauzeit, die eng an ein Unternehmen geknüpft sind, erhalten.

Als Bauplatz wurde ein großformatiges Grundstück an der Ecke zur Moltkestraße mit Platz für einen weitläufigen Garten gewählt, welches am Rande der historischen Innenstadt lag. Typischerweise entwickelten sich die ersten größeren Industrieunternehmen an den Ausfahrtstraßen der ehemaligen Ackerbürgerstadt, in Bereichen mit größeren zur Verfügung stehenden Grundstücken. Das repräsentative Wohnhaus der Fabrikantenfamilie Mentrup wurde als zweigeschossiger Bau an exponierter Stelle städtebaulich wirkungsvoll an die Straßenecke Lütkeweg/ Moltkestraße platziert und in malerischen Formen des Späthistorismus gestaltet.

Das Sockelgeschoss und das hohe Erdgeschoss wurden mit Klinkersteinen und das Obergeschoss sowie die verschiedenen Fronten des kompliziert gestalteten Daches mit für diese Zeit beliebtem vorgeblendeten altdeutschen Zierfachwerk verkleidet.

1909 erhielt der westliche Gebäudeteil des Hauses ein Obergeschoss, wobei auch das bestehende Treppenhaus in das neue Dachgeschoss weitergeführt wurde. 1955 wurden die Fassaden renoviert und hierbei teilweise die geschnitzten Gefache durch massive Ausmauerungen ersetzt. Zugleich wurde ein Teil des Zierwerkes im Dach entfernt, um hier eine bessere Belichtung des nun verglasten Balkons im Dach zu erreichen.

1972 wurde das Erdgeschoss massiv umgebaut, wobei man in der Ansicht nahezu alle Öffnungen in den Formaten veränderte und zudem den Gebäudegrundriss neu aufteilte. In diesem Zusammenhang wurde ein neuer Zugang an der westlichen Gebäudeseite zum Gebäude geschaffen. Im Gebäudeinneren wurde der Zugang zum Keller mit einer Wendeltreppe erneuert. Die Treppenanlage zu den Obergeschossen blieb erhalten.Bei dem Wohnhaus handelt es sich um einen bemerkenswerten Beitrag zur Architektur des späten Historismus und um ein Zeugnis der um 1900 sehr erfolgreichen Unternehmerschicht des Stanz- und Emailliergewerbes in Ahlen. (…)

Das Gebäude wurde zwar durch mehrere Umbauten in den Jahren 1955 und 1969 und mit dem Umbau des Erdgeschosses im Jahr 1972 in seiner historischen Substanz sowohl im Inneren wie im Äußeren erheblich reduziert, doch sind vor dem Hintergrund der ortsgeschichtlichen Bedeutung des Anwesens die erhaltenen Teile noch immer dazu geeignet, einen Denkmalwert zu begründen.

Das Wohnhaus „Villa Mentrup“ ist Baudenkmal im Sinne des § 2 DSchGNW. Denkmalwert ist das gesamte Gebäude; die äußere Hülle mit den oben beschriebenen Details wie Fassade, Dachlandschaft, erhaltene Fenster, aber auch das Innere dokumentiert mit den späteren Veränderungen den Gestaltungswillen des Bauherrn und Architekten sowie die Anpassungen der späteren Jahrzehnte an die geänderten Wohnbedürfnisse.

Begründung:

Für die Erhaltung und Nutzung des Wohnhauses „Villa Mentrup“ besteht ein öffentliches Interesse. Das öffentliche Interesse begründet sich darin, dass die Fabrikantenvilla bedeutend für die Geschichte der Menschen in Ahlen ist und ein Dokument für die Entwicklung der Arbeits- und Produktionsverhältnisse in Ahlen darstellt.

Für die Erhaltung und Nutzung des Gebäudes liegen architekturgeschichtliche (künstlerische), wissenschaftliche und städtebauliche Gründe vor.Es handelt sich um eines der wenigen erhaltenen Beispiele von Villen, die eng verbunden in direkter Nachbarschaft zum Betrieb am Rande der Ackerbürgerstadt in der Gründerzeit entstanden sind.

Quellen